Hélène Cixous, Jacques Derrida: Die sexuelle Differenz lesen. Hg. von Anna Babka und Matthias Schmidt. Übersetzt und mit einem Essay versehen von Claudia Simma. Wien: Turia&Kant 2023 (aka|texte #12).
Mit diesem Band werden zwei wegweisende, aufeinander respondierende Texte von Hélène Cixous und Jacques Derrida in deutscher Übersetzung verfügbar, begleitet von einer ›Übersetzungsfuge‹ von Claudia Simma, die auch die Übersetzung aus dem Französischen besorgt hat.
Derridas und Cixous’ Texte basieren auf Vorträgen im Rahmen eines Kolloquiums des Collège International de Philosophie gemeinsam mit dem Centre d’études Féminines de l’Université Paris-VIII in Paris (18.–20.10.1990), die 1994 publiziert wurden. Cixous’ Text, der von ihrer einzigartigen Beziehung zu Derrida ausgeht, präsentiert sich sowohl als Märchen [Contes de la Différence Sexuelle i.O.] wie auch als ein indirektes Gespräch zwischen ihr selbst und Jacques Derrida, dessen Texttitel [Fourmis i.O.] wiederum aus einem erzählten Traum Cixous’ ›entlaufen‹ ist. Beide entfalten ihre Reflexionen über die sexuelle Differenz entlang dieser Versuchsanordnung, indem sie der vermeintlichen Eindeutigkeit einer binären Vorstellung von Gender/Genre eine Vielzahl historischer, logischer und struktureller Schattierungen hinzufügen. In Distanz zur reduktiven Annahme einer »Trennung« der Geschlechter wird so die Notwendigkeit einer volatilen Segmentierung, einer immer neu zu leistenden Re-Artikulation der sexuellen Differenzierung entwickelt, entsprechend der dekonstruktiven Prämisse, dass jegliche dahingehende Einordnung nur »eine Szene der Lesart der sexuellen Differenz« sein kann, da gerade die sexuelle Differenz ihrer Lektürebedürftigkeit nicht zu entkommen vermag. Entsprechend folgen beide Theoretiker*innen in ihren Lesarten den Uneindeutigkeiten der etymologischen Genealogien und phonetischen Allusionen des verwendeten Vokabulars, um das komplexe Eigenleben dieser »animots«, beständig zwischen Philosophie und Literatur schreibend, zu ermessen.
Biographisches:
Hélène Cixous (*Juni 1937 in Oran, Algerien) ist französische Schriftstellerin und Theoretikerin. Sie war Mitbegründerin des experimentellen Studienzentrum in Vincennes (heute Universität Paris VIII Saint-Denis). 1974 gründete sie wegweisend das Centre d’études Féminines (heute: Centre d’études féminines et d’études de genre) als erstes seiner Art in Europa. Sie gilt als Hauptvertreterin der poststrukturalistischen feministischen Theorie und der écriture feminine. Ihre Werke umfassen Romane, Theaterstücke und Dichtungen, als eines ihre Hauptwerke gilt Das Lachen der Medusa (1975).
Jacques Derrida (* 5. Juli 1930 in El Biar, Algerien; † 8. Oktober 2004 in Paris) war ein französischer Philosoph und Begründer der Dekonstruktion. Er zählt zu den einflussreichsten Vertreter*innen der neueren französischen Philosophie und des Poststrukturalismus. Sein Werk beeinflusste maßgeblich die Philosophie und Literaturwissenschaft in Europa und den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Claudia Simma (*1969 in Zürich, Schweiz) ist Philosophin, Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin. Sie unterrichtet Literatur und Ästhetik in Paris und gehört seit 2010 zu den Übersetzer*innen des umfangreichen Werks Hélène Cixous’. Zu ihren* Veröffentlichungen zählen Artikel über Villon, Flaubert, Jacques Derrida und Hélène Cixous. Übersetzt hat sie u.a. von Hélène Cixous: Gespräch mit dem Esel. Blind schreiben (Sonderzahl 2022) Meine Homère ist tot (Passagen 2019), Das Lachen der Medusa (Passagen 2013).
aka | texte
Buchdetails . . . ▽
ISBN 978-3-98514-068-8
12 x 20 cm, 156 S., € 19,-In Vorbereitung für Feb. 2023. EAN: 9783985140688
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Jack Halberstam: Trans*Positionen zu Geschlecht und Architektur. Herausgegeben von Anna Babka & Rosemarie Brucher. Aus dem amerikanischen Englisch von Sergej Seitz und Anna Wieder. Wien: Turia&Kant 2021 (aka-Texte #9)
Erstmals in deutscher Übersetzung versammelt der Band zwei Grundlagentexte der Trans Studies des* international rezipierten Theoretikers* Jack Halberstam: ein Kapitel seiner* 2018 erschienenen Monografie Trans*: A Quick and Quirky Account of Gender Variability, in dem sich Halberstam mit jüngsten Veränderungen in der Bedeutung des geschlechtsspezifischen Körpers und dessen Repräsentation auseinandersetzt und die Möglichkeiten einer nicht gegenderten Zukunft auslotet, sowie den Artikel Unbuilding Gender. Trans* Anarchitectures In and Beyond the Work of Gordon Matta-Clark, in dem Halberstam das Architektonische für die Frage der Transgender-(De)Konstruktion in den Blick nimmt.
Jack Halberstam ist Professor* am Institut für Englische und Vergleichende Literaturwissenschaft und am Institut für Forschung zu Frauen, Geschlecht und Sexualität an der Columbia University, USA und einer* der bedeutendsten zeitgenössischen Queer-Theoretiker*.
Bekannt geworden ist er* durch das Buch Female Masculinity und seine* Kooperation mit dem Künstler Del LaGrace Volcano. Entlang von Begriffen wie queer oder trans* durchmisst er* nichtnormative Logiken und Repräsentationen von Körpern in Kunst, Literatur, Film und Musik. Für seine* Forschung erhielt er* u.a. den Arcus/Places-Preis, der innovative Forschung zu Geschlecht, Sexualität und gebaute Umwelt fördert.
Johan Schimanski: Grenzungen. Versuche zu einer Poetik der Grenze. Hg. von Anna Babka und Matthias Schmidt im Auftrag des Arbeitskreises Kulturanalyse Wien. Wien: Turia&Kant 2020 (aka-Texte #8)
»Ich schreibe, also bin ich«. Schreibweisen bei Barbara Frischmuth. Hg. v. Anna Babka, Silvana Cimenti, Peter Clar. Wien: Sonderzahl 2019. Link zur Verlagsankündigung
Das vielschichtige Œuvre Barbara Frischmuths wurde in der literaturwissenschaftlichen Forschung bisher vor allem entlang einer überschaubaren Reihe von Themen untersucht – etwa dem Dialog der Religionen und Kulturen, dem Leben im Zwischenraum der Sprachen, Feenwelten und Mythologien oder dem prominenten Motiv des Gartens. Weniger zentral erwies sich bislang die Frage nach den spezifischen Schreibweisen, nach der sprachlich-rhetorischen Verfasstheit und somit der besonderen ›écriture‹, die die Texte Frischmuths kennzeichnen. Um diesen wichtigen Bereich zu ergänzen und weiterzudenken, widmet sich dieser Band den ›Schreibweisen‹, der angewandten ›Poetik‹ der Texte Barbara Frischmuths. Dabei wurden sowohl die Metaebene, also die explizit poetologischen Ausführungen, wie sie die Autorin etwa in Traum der Literatur – Literatur des Traums (Sonderzahl 2009) formuliert und entwickelt hat, in den Blick genommen, als auch die spezifische Verfasstheit der literarischen Texte selbst.
Der Band geht auf ein Symposion zurück, das im Herbst 2017 von Anna Babka, Peter Clar und Thomas Eder veranstaltet wurde. Er vereint dabei nicht nur Tagungsbeiträge, sondern wurde um einige weitere Studien ergänzt, die sich bewusst zwischen den Gebieten der Literaturwissenschaft, der Essayistik und auch der Literatur verorten lassen. Es ging den Herausgeber_innen darum, aufschlussreiche ›Antworten‹ auf Frischmuths Schreibweisen zu kompilieren, wobei sowohl Frischmuth-Expert_innen als auch Beiträger_innen, die aus unterschiedlichen Perspektiven erstmalig Sichtweisen zu Frischmuths Werk entwickeln, zu Wort kommen.
Die Beiträge stammen von: Anna Babka, Silvana Cimenti, Peter Clar, Thomas Eder, Gerhard Fuchs, Markus Köhle, Isabel Kranz, Stefan Krammer, Herbert Maurer, Paul Michael Lützeler, Wolfgang Müller-Funk, Aleksandra Pawloff, Marina Rauchenbacher, Elisabeth Reichart, Christian Schenkermayr, Almut Tina Schmidt, Julian Schutting und Thomas Stangl.
Anna Babka: Postcolonial-Queer. Erkundungen in Theorie und Literatur. Wien/Berlin: Turia&Kant 2019
»Begriffe wie gender, postcolonial und queer bilden den theoretischen Fokus und zugleich den Ort der Entfaltung und transdisziplinären Perspektivierung des Bands, der einen weiteren Baustein zur Verankerung der Gender Studies, Queer Studies und Postcolonial Studies in der (germanistischen) Literatur- und Kulturwissenschaft liefern soll. Im Abschnitt I werden Überblicke und Einsichten zu den verschiedenen Studies bereitgestellt – in kürzeren Darstellungen zu Gayatri Spivak oder zu den Zusammen- hängen von Gender,- Queer- und Postkolonialer Theorie, in längeren Beiträgen zu Kanonisierungsprozessen von Theorie, zu Vergleichen von Denkfiguren verschiedener Theoretiker_innen (Homi K. Bhabha und Judith Butler) oder zu seminalen Texte (Trinh T. Minh-ha).
Im Abschnitt II des Bands treten Lektüre und Theorieimpulse in ein oszillierendes Verhältnis mit dem Ziel, einen dynamischen Raum der Wechselwirkungen zwischen theoretischen Erkenntnissen und literarischen Erkundungen zu eröffnen. Im literarischen Fokus stehen deutschsprachige Texte, die patriarchale und/oder »koloniale« Machtdiskurse thematisieren und die Konstruktion und Produktion geschlechtlicher und kultureller Identitäten zugleich performieren und beschreiben. Das Spektrum dieser Lektüren reicht von der Literatur des 18. Jahrhunderts (Heinrich v. Kleist), des 19. Jahrhunderts (Karl May), der Literatur der Jahrhundertwende und Moderne (Else Lasker-Schüler und Robert Michel), bis hin zur Literatur des 20. Jahrhunderts (Barbara Frischmuth und Elfriede Jelinek) oder der Literatur nach der Jahrtausendwende (Semier Insayif).«
aka|texte #7
Judith Butler. Wenn die Geste zum Ereignis wird. Hg. v. Anna Babka und Matthias Schmidt. Aus dem amerikanischen Englisch von Anna Wieder und Sergej Seitz. Wien: Turia&Kant 2019.
In dem hier vorliegenden Text liefert Judith Butler – indem sie ihr theoretisches Feld um theaterästhetische Fragestellungen ergänzt –, eine grundsätzliche Reflexion zum Körper zwischen Sprache und Performance. Sie geht von John L. Austins Philosophie der »Sprechakte« und Walter Benjamins Begriff der »Geste« aus und skizziert eine Theorie der Methoden, Notwendigkeiten und Chancen kollektiver Aktionsformen und politischer Proteste. Ziel solchen Engagements muss der Schutz und die Bewahrung elementarer Menschenrechte sein.
Biographisches:
Judith Butler ist Professorin für Rhetoric and Comparative Literature und Ko-Direktorin für das Programm Critical Theory an der University of California, Berkeley.
85 S., € 12,-
Paperback mit Klappen
ISBN 978-3-85132-927-8
[in Vorbereitung für [unbestimmt]]
EAN: 9783851329278
http://www.turia.at/titel/butler_geste.php
aka|texte #6
LENKA ZUPANČIČ: Freud und der Todestrieb. Hg. vom Sigmund Freud Museum und dem Arbeitskreis Kulturanalyse Wien. Aus dem Englischen von Sergej Seitz und Anna Wieder.Wien/Berlin: Turia&Kant 2018.
In seiner Schrift Jenseits des Lustprinzips aus dem Jahre 1920 führt Freud das faszinierende und kontroverse Konzept des »Todestriebes« ein, das seither sehr unterschiedlichen Interpretationen und Anwendungen unterzogen wurde. In ihrem Text analysiert Alenka Zupančič die vielfältigen und vielstimmigen Facetten dieses Konzepts und legt aus ihrer Sicht dar, wie Freud in seiner Einführung des Todestriebes unser gewohntes Verständnis des Lebens – und philosophisch den Vitalismus – dekonstruiert. Sie zeigt auch auf, wie jene Widersprüche, die Freuds Text inhärent sind, für Präzisierungen und Weiterentwicklungen des Konzepts genutzt werden können. Zupančič entfaltet die Relevanz des Begriffs nicht nur für viele zeitgenössische Diskussionen innerhalb der Psychoanalyse und Philosophie, sondern auch im weiteren sozialen Kontext.
Link zur Verlagsankündigung